Interview mit dem Leiter des Ukraine-Büros der Konrad Adenauer Stiftung in Kiew
Altomünster - Der Leiter des Büros der Konrad Adenauer Stiftung in Kiew, Nico Lange, tritt der verbreiteten Version von der gescheiterten Orangen Revolution in der Ukraine entgegen. Vier Tage vor der Stichwahl am 07. Februar erklärt er im Interview mit dem „Eurasischen Magazin“ (
www.eurasischesmagazin.de): „Die gesellschaftliche Öffnung und der lebhafte Pluralismus, Meinungs- und Pressefreiheit sind die bleibenden Wirkungen der Ereignisse des Winters 2004.“. Die orangen Revolutionäre hätten es jedoch damals versäumt, einen Elitenwechsel herbeizuführen. Nicht ein einziger Politiker des Kutschma-Systems sei zur Rechenschaft gezogen worden. Das politische Spitzenpersonal der Ukraine vor und nach dem Winter 2004 „unterscheidet sich nur marginal voneinander. Auch die orangen Protagonisten Juschtschenko und Timoschenko sind Produkte des alten Systems.“
Würde Wiktor Janukowitsch bei der Stichwahl zum Präsidenten gewählt, sei damit keineswegs „die Geschichte zurückgedreht.“ Denn: Der Janukowitsch von 2010 sei ein anderer als der des Jahres 2004. Und dies sei auch Ergebnis der Orangen Revolution. Und zur Einschätzung, dass Janukowitsch „der Mann Moskaus“ sei, sagt Lange: „Vielleicht würde Janukowitsch im Falle seines Wahlsieges nach einiger Zeit entdecken, wie ukrainisch er eigentlich ist.“
Die Wahrnehmung des Scheiterns der Kiewer Orangen Revolution sie „durch die überzogenen Hoffnungen in der Ukraine und auch in der Europäischen Union“ entstanden. „Wir haben ja mit unserer gewaltigen medialen und politischen Euphorie ganz maßgeblich zu diesen übersteigerten Erwartungen beigetragen. In der Ukraine kann sich doch aber nicht über Nacht alles zum Guten wenden. Das Land ist erst seit 18 Jahren in diesen Grenzen unabhängig. Es gab nie einen wirklichen Systemwechsel, keine Wende, man ist aus der Sowjetzeit in die Transformationen hineingeglitten.“
„Es sind neue Unruhen zu erwarten“ Zur Frage, welche Folgen bei einem knappen Ausgang der Stichwahl zu erwarten seien, prognostiziert Ostexperte Lange: „Ein sehr knappes Ergebnis wäre schlecht. Beide Seiten bereiten die Öffentlichkeit schon jetzt auf die Anfechtung des Ergebnisses und mögliche Protestaktionen vor. Wahrscheinlich wären dann neue juristische Streitigkeiten, die Mobilisierung der Anhänger auf den Straßen und in der Folge zähe politische Verhandlungen um eine Einigung zu erwarten.“
Zur Zukunft der Ukraine meint Nico Lange am Vorabend der Stichwahl: „Auch wenn es direkt nach den Wahlen neue politische Krisen geben könnte, wird sich die Ukraine langsam weiter in Richtung Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entwickeln, da bin ich sicher. Als ausländische Beobachter und Partner der Ukraine sollten wir nur nicht erwarten, dass sich die Situation nach den Wahlen entscheidend stabilisieren würde. Es ist aus meiner Sicht ein großer Fehler, auf eine Klärung der politischen Situation am Tag X zu hoffen und bis dahin gar keine Politik zu betreiben. Das gilt für den Internationalen Währungsfonds ebenso wie für die Europäische Union und die deutsche Außenpolitik. Wir müssen uns darauf einstellen, dass Instabilitäten, Unberechenbarkeit und unübersichtliche Situationen in der Ukraine auch weiterhin dazugehören werden. Wenn wir das mit Italien können, können wir es mit der Ukraine auch. Langfristig halte ich trotz aller Probleme die Entwicklungstendenz in der Ukraine für positiv.“
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