Die Demokratische Republik Kongo hat viel zu bieten
Berlin - Nicht in den Rückspiegel schauen, sondern nach vorn blicken!
Raymond TSHIBANDA, Minister für internationale und regionale Zusammenarbeit der Demokratischen Republik Kongo, im Gespräch mit der FAI-Präsidentin Marie Ginette AMANI-FRIDRICH
Auf Einladung des Vorsitzenden der Verwaltungsrats der vornehmlich in Afrika tätigen Nichtregierungsorganisation Fondation AMAN-International (FAI), Bernd-Dieter Fridrich, besuchte der für die Vertiefung der deutsch-kongolesischen Beziehungen geradezu prädestinierte Minister Raymond Tshibanda aus Kinshasa die Bundeshauptstadt, um mit hochrangigen Vertretern der Wirtschaft, des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sowie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie Gespräche zu führen. Erst Anfang Juni letzten Jahres hatte der Außenminister dieses zentralafrikanischen Landes, Alexis Thambwe Mwamba, die neue Botschaft im Berliner Bezirk Charlottenburg offiziell eröffnet. Auf dem Besuchsprogramm stand auch eine von allen Teilnehmern sehr begrüßte Visite des in Berlin-Mitte angesiedelten Unternehmens Bayer HealthCare Pharmaceuticals (vormals Schering), die der Ministerdelegation einen guten Einblick in die weltweiten Aktivitäten der Firma gerade in den Entwicklungsländern erlaubte. Vor seiner jetzigen Funktion war Tshibanda Kabinettschef von Staatspräsident Joseph Kabila und davor unter anderem Planungsvizeminister, Minister für Umwelt und Naturschutz sowie Tourismusminister. Nach dem Studium der Politik- und Verwaltungswissenschaften an der Universität Lumumbashi und einem postgraduierten Studium in Pittsburgh (USA) arbeitete er zunächst längere Zeit im Büro des Hohen Kommissars für Flüchtlinge der Vereinten Nationen (HCR) in Addis Abeba.
Was charakterisiert Ihr Land in Afrika?
Ich würde sagen, die Demokratische Republik Kongo (DR Kongo) ist ein Geschenk Gottes, ein echtes Paradies, weil mein Land mit Blick auf seine Menschen und die Natur über enorme Ressourcen verfügt. Alle Ressourcen, die man sich eigentlich vorstellen kann, sind bei uns zu finden. Während sich die Welt um ihre Zukunft sorgt, um die Probleme einer nachhaltigen Entwicklung und der Aufrechterhaltung der Bioressourcen, der Klimaerwärmung oder der Wasser- und Stromversorgung, die zukünftig Ursache von Konflikten sein könnten, bietet die DR Kongo einen wesentlichen Teil für die Lösung dieser Probleme an. Meinem Land stehen die Ressourcen zur Verfügung, die es der Welt erlauben können, die großen Zukunftsfragen zu lösen, wenn es sich selbst richtig organisiert und die notwendige Unterstützung von außen erhält.
Der Kongo ist nicht nur ein an Bodenschätzen reiches Land, die es künftig mit Unterstützung durch die deutschen Industrie selbst besser verwerten will, sondern auch reich an seltenen Gehölzen und Tieren in seinen Regenwäldern und Nationalparks. Im Lamoko-Yokokala-Reservat lebt die einzige Population der Menschenaffenart Bonobos, die extrem stark gefährdet ist. Der Minister, der sich vor seiner Abreise bei der Leitung der Fondation AMAN-International für das themenreiche Besuchsprogramm bedankte, versicherte vor der Berliner Presse, dass sich die Regierung in Kinshasa mit der gleichen Intensität, wie sie sich um den Aufbau der Wirtschaft bemühe, auch für den Schutz der Natur in seinem Land einsetze.
Welche Projekte sind für Ihre Regierung und Ihr Ministerium vorrangig?
Die wichtigste Aufgabe des Präsidenten und seiner Regierung war es zunächst, das Land zu befrieden und wahre demokratische Strukturen aufzubauen. Wie Sie wissen, hat das Land zahlreiche Konflikte und bewaffnete Kriege hinter sich. Aber seit 10 Jahren - dank der von Präsident Kabila verfolgten Politik und seines persönlichen Engagements - hat das Land die angestrebte Ruhe gefunden; es herrscht sowohl in Inneren des Landes als auch im Verhältnis zu den Nachbarländern Frieden. Das Land engagiert sich für den Wiederaufbau. Das entsprechende Regierungsprogramm ist in sechs Bereiche unterteilt. Zunächst gibt es fünf zentrale Bereiche, die wir „die fünf Baustellen der Republik“ nennen. Die wieder aufzubauende Infrastruktur soll zielstrebig entwickelt und modernisiert werden. Eine weitere „Baustelle“ sind die Wasser- und Stromversorgung. Wir haben das Glück, über ein großes Potenzial an elektrischer Energie zu verfügen, aber die DR Kongo ist leider eines der Länder mit der bisher niedrigsten Elektrifizierungsquote. Wir wollen dieses Paradox aufheben. Wir haben außerdem noch andere große „Baustellen“ wie die Bereiche Erziehung und Gesundheitswesen. Denn wir wollen den Menschen in den Mittelpunkt unserer Entwicklungsbemühungen stellen. Wir wollen, dass unsere kongolesischen Frauen und Männer gesünder und leistungsfähiger werden.
Die fünfte wichtige „Baustelle“ ist die Schaffung von Arbeitsplätzen, die mit den genannten Bereichen systematisch einhergeht. All diese in der Tat ehrgeizigen Ziele lassen sich im sechsten Kapitel unseres Regierungsprogramms unter dem Dach „Gute Regierungsführung“ unterbringen. Dank unserer bisherigen Anstrengungen, das Land zu befrieden und wieder aufzubauen, konnte die Wirtschaft wieder belebt werden, so dass wir heute eine der besten Volkswirtschaften des afrikanischen Kontinentes haben. Lassen Sie mich nur erwähnen, dass wir inzwischen eine nur noch einstellige Inflationsquote sowie eine Wachstumsrate haben, die in letzten 10 Jahren über dem afrikanischen Durchschnitt lag. Wir arbeiten an Direktinvestitionen der Privatwirtschaft, die sich langsam auszahlen. Wir unterstützen besonders die Entwicklung der Landwirtschaft, weil die Mehrheit der kongolesischen Bevölkerung in ländlichen Gebieten wohnt. Die agrarwirtschaftliche Entwicklung bietet uns die Möglichkeit, kontinuierlich den Bedarf an Lebensmitteln zu decken und gleichzeitig die Arbeitsplätze sowie das Einkommen der kongolesischen Bevölkerung zu sichern.
Wie sehen Sie die künftige Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Ihrem Land, sowohl mit staatlichen Einrichtungen als auch mit Unternehmen der Privatwirtschaft?
Die Zusammenarbeit mit Deutschland ist auf vielen Gebieten gut, aber unser Ziel ist es, sie weiter auszubauen, sie geradezu perfekt zu machen; deswegen sind wir hier. Mit unseren Partnern wollen wir einen konstanten Dialog entwickeln, um auf diese Weise unsere Beziehungen zu festigen. Wir diskutieren mit ihnen, wie wir unsere Zusammenarbeit verbessern und in einen politisch-diplomatischen Zusammenhang stellen können, der die Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft und Finanzen vertiefen kann und es privaten Unternehmen unserer beiden Länder erlaubt, die vorhandenen Möglichkeiten noch besser zu nutzen, um wirtschaftliches Wachstum in Verbindung mit der Schaffung von mehr Arbeitsplätzen zu erzielen. Im Bereich Wirtschaft und Finanzen gibt es auf deutscher Seite leider noch sehr wenig Interesse; das ist sehr bedauerlich. Es gibt keinen Grund, dass andere Länder von der Nutzung unserer natürlichen Ressourcen profitieren, während die Bundesrepublik Deutschland, die wirtschaftlich eine Weltmacht ist und uns früher ein vertrauter Partner war, fast nichts aus diesen Chancen macht. Wir versuchen deshalb, gerade die privaten deutschen Unternehmen davon zu überzeugen, sich mehr für die DR Kongo zu interessieren und sich bei uns mit Investitionen zu engagieren.
Die DR Kongo ist eines der Länder, das sehr reich an den unterschiedlichsten natürlichen Ressourcen ist. Aber das Volk ist bis heute eines der ärmsten in der Welt. Wie kann Ihre Bevölkerung von neuen Investitionen unmittelbar profitieren?
Der natürliche Reichtum der DR Kongo ist enorm. Wenn der Staat Mittel verteilt, ist es kein fremdes Land, das das kongolesische Volk aus der Armut herausholt. Doch nur, wenn das Volk in einem selbstorganisierten Rahmen arbeitet, kann es aus der Armut herauskommen. Wir haben eine vorausschauende Staatsführung mit unserem Präsidenten an der Spitze. Er hat eine Vereinbarung über eine Erhöhung der Einkommen und die Verbesserung des Lebensstandards der Bevölkerung getroffen. Wir haben unsere Millenniums-Ziele festgelegt. Aber die Frage ist, wie wir dahin kommen. Wie kommt man etwa zu einer Verbesserung im Bereich Gesundheit, wenn es an Straßen, Trinkwasser und Strom fehlt? Doch wohl nur dadurch, dass man dem Volk Arbeit gibt und es so bei verbesserten Einkommensmöglichkeiten gegen die Armut und auch gegen tödliche Krankheiten kämpfen kann. Es kann keinen „Reichtum“ geben, wenn das Land über keine ausreichende Infrastruktur verfügt.
Die Regierung verfolgt das Ziel, hierfür die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine solide wirtschaftliche Entwicklung erleichtert oder gar erst möglich macht. Inzwischen zeigen sich die ersten Erfolge. Werfen Sie einen Blick auf die Zahlen und auf die unterschiedlichen Untersuchungen seitens der UNO-Mitarbeiter, die bei uns vor Ort arbeiten, um die Indexzahlen in allen wichtigen Bereichen zu verfolgen und zu bewerten. Wir bewegen uns in die richtige Richtung. Sie sollten wissen, dass unser Land am Ende der Diktatur wirtschaftlich am Boden lag; wir haben praktisch bei null angefangen.
Das ist vergleichbar mit einem tiefen Loch, das man mit mehreren Tonnen Baumaterial auffüllen muss, bevor man an der Oberfläche ansetzen und mit den Bauten beginnen kann. Ich sehe die Zukunft des Landes sehr optimistisch. Mein Glaube an die kongolesische Bevölkerung und an unsere Regierung ist, dass sie das Land nach vorn bringen werden; ich bin davon überzeugt, dass das Morgen sehr viel besser als das Gestern sein wird.
Herr Minister, die Stiftung AMAN-International (FAI) hat Sie eingeladen, eine in jeder Beziehung unabhängige Organisation, die in Afrika ihren Sitz hat und hier sehr engagiert ist, während der FAI-Verwaltungsrat sein Büro in Deutschland hat. Was erwarten Sie von der FAI und anderen Organisationen der Zivilgesellschaft im humanitären Bereich und in der Entwicklungspartnerschaft?
Auf jeden Fall setzt unser Land auf Partnerschaft auf Augenhöhe, wie es Ihr früherer Bundespräsident einmal formuliert hat, und zwar sowohl im Dialog mit öffentlichen Einrichtungen und solchen der Privatwirtschaft, mit Verbänden oder Vereinigungen als auch zwischen Privatpersonen untereinander. Die DR Kongo ist offen für alle und alles; unser Appell ist an alle Menschen guten Willens gerichtet. Das kongolesische Volk beginnt, seinen Teil der Verantwortung zu übernehmen, und alle Interessenten, die ihren Beitrag zur Vertiefung der bilateralen Beziehungen leisten möchten, sind uns sehr herzlich willkommen.
Die kongolesische Diaspora in Deutschland ist eine sehr wichtige Gruppe. Haben Sie eine besondere Botschaft für die hier lebenden Kongolesen?
Meine Bitte an die kongolesische Diaspora ist der feste Glaube an ihr, an unser Land. Nicht in den Rückspiegel schauen, sondern nach vorn blicken, heißt mehr denn je die Devise. Ich gebe zu, unser Land ist über Jahrzehnte in große Schwierigkeiten geraten, aber jetzt ist die DR Kongo wieder da. Der Riese ist aufgewacht, und wir brauchen jede und jeden von Euch! F
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