Redaktionen und Rechtsprache
Emmerich am Rhein - Betrifft: Gott steh´ mir bei: Redaktionen und juristische Begriffe
Sehr geehrte Damen und Herren Redakteure,
Als gestandenem Juristen ziehen mir die Gerichtsshows der verschiedenen Sender die Schuhe aus. Aber gut: Es geht um die Befriedigung von behauptetem Massengeschmack, wobei ich behaupte, dass hier das Angebot Ursache für die Nachfrage ist: Je (s)/(l)eichter die Kost, desto größer das Anfütterungspotential.
Dass in Fernsehfilmen deutsche Staatsanwälte in nobel ausgestatten Räumen mit Sesseln, Teppichen, Büchern an der Wand gezeigt werden, hat mit der Wirklichkeit auch nichts zu tun: Die Jungs (meistens) sitzen auf 15 Quadratmetern am Schreibtisch Fichte furniert, auf Linoleum, mit einem Aktenbock, zwei Besucherstühlen und einem Schrank 90 x180 x 50.
Rechtsanwälte im Fernsehen haben unendlich viel Zeit für den einen Fall, den sie bearbeiten, verbringen Stunden, Tage damit, verdienen sich nach einem Streitwert für die Nachbarrechtssache von € 1.000,00 eine goldene Nase, nämlich € 212,50 + MWSt., sitzen – wenn nicht unterwegs, um böse Feinde zu bekämpfen - immer am blanken Schreibtisch, sind immer für den einen Mandanten da, Tag und Nacht, und der „Schönfelder“ - das ist die Gesetzessammlung - steht dekorativ mit dem Rücken zum Publikum als Nachweis, dass der Requisiteur sich immerhin was gedacht hat, und wenn es nur Uiiuiiuiiiii war.
Man nimmt es hin: Man nennt es künstlerische Freiheit, ich nenne es Schlamperei mit Verblödungseffekt.
Von Informationssendungen, insbesondere den Nachrichten, erwarte ich, dass die dort tätigen Redakteurinnen und Redakteure sich an Fakten halten.
„Deutsche Firmen leiden unter Kapitalklemme!“Die „Firma“, das war mal (und ist immer noch) italienischer Abstammung und heisst „Namenszeichnung“. (Auch in Spanien werden Sie bei Bezahlung mit Kreditkarte um eine Unterschrift gebeten, „una firma, por favor“.)
Im Handelsgesetzbuch ist die Firma definiert als der Name, unter dem ein Unternehmen / ein Kaufmann im Geschäftsverkehr auftritt. (§§ 2, 4, Handelsgesetzbuch)
Wenn Sie in Nachrichten mitteilen, „Firmen“ litten unter der Verweigerungshaltung von Banken, sagen Sie in Wahrheit:
„Deutsche Namen leiden unter Kapitalklemme“.
Unsinn? Ja, richtiger Unsinn.
Sie meinen nämlich:
„Deutsche Unternehmen leiden unter Kapitalklemme“.
Dann sagen Sie es doch bitte, bitte auch.
Noch mal: Unternehmen haben eine „Firma“, den Namen, unter dem sie im Geschäftsleben auftreten und handeln, sind aber keine Firma. Ein Unternehmen oder eine Unternehmung, die nur eine „Firma“ ist, wäre, wenn Sie das ernst meinen, nicht mehr als ein Name, also ein Briefkasten.
„Gegen ihn wurde Strafanzeige gestellt!“Was wäre also derjenige, der die „Strafanzeige gestellt“ hat? Klar: Ein Anzeigensteller, ähnlich einem Fallensteller, mit Fellmütze über den Ohren durch die Rocky-Mountains des deutschen Rechts stapfend und juristische Wolpertinger fangend.
Richtig ist, dass man „Anzeige erstattet“, also auch „Strafanzeige erstattet“, während es bei bestimmten Delikten, die nur auf Antrag verfolgt werden (Beleidigung zum Beispiel) notwendig ist, dass auch noch ein Antrag gestellt (und nicht erstattet), nämlich „Strafantrag gestellt“ wird. Wer das macht, ist ein „Antragsteller“, oft auch ein „Anzeigenerstatter“.
Bitte zehn mal aufsagen:
Strafanzeigen werden erstattet, Strafanträge werden gestellt.
Danke.
Ich hoffe, dass ich mir demnächst nicht mehr alle Tage neue Zähne kaufen muss, weil´s mir die alten herausgezogen hat.
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